Freitag, 1. Januar 2021

"Die Afterwork Familie" von Natalie Klüver (Rezension)



Das Rezensionsexemplar von "Die Afterwork Familie" von Nathalie Klüver wurde mir dankenswerter Weise für die Rezension vom Trias Verlag zur Verfügung gestellt. Mithin Werbung.

Work, work, work

Natalie Klüver, die auf "Eine ganz normale Mama" bloggt, hat wieder ein Buch geschrieben: Die Afterwork Familie! Der Titel trifft so präzise den Zeitgeist, dass es fast schmerzt. Tatsächlich kenne ich gar keine anderen Familien mehr als Afterwork Familien, wenn nicht gerade ein Elternteil Elternzeit macht. Es haben einfach alle einen Job in den sie früher oder später zurückkehren. Trotzdem möchten wir alle in der kurzen Zeit, die uns nach der Arbeit bleibt, eine schöne Zeit mit unserer Familie zu verbringen.

Das ist auch genau das Thema des Buches: Wie es gelingt, die Zeit, die man mit seinen Kindern hat, so zu gestalten, dass nicht alle heulen oder völlig fertig mit den Nerven sind.

Geteilter Erfahrungsschatz

Natalie Klüver hat selbst drei Kinder und kennt sich mit allen Tücken des Alltags aus. Egal, ob Abholen von der Kita, Medienkonsum, Einkaufen, Hausaufgaben, Abendessen oder ins Bett gehen, alle Situationen, die regelmäßig zur Eskalation geeignet sind, werden von ihr beleuchtet. Sie gibt einem konkrete Tipps an die Hand, um bereits im Vorfeld für Entspannung zu sorgen. Fast wichtiger ist aber, dass sie einem sagt, dass es bei allen gleich unberechenbar läuft und man nicht auf ganzer Erziehungslinie versagt hat. Das Buch ist wie ein warmes Kopfstreicheln für alle Mütter, die ihr Bestes geben und dann doch wieder am Verzweifeln sind. Erschöpfung und Verunsicherung, wenn der Tag mal wieder in schlechter Laune endet, sind nicht selten. Dazu kommt dann oft noch ein permanent schlechtes Gewissen gegenüber der Familie und dem Arbeitgeber, weil man das Gefühl hat, niemandem hunderprozentig gerecht zu werden.

"Die Afterwork Familie" nimmt den Druck raus. „Weniger ist mehr“, „Realistisch bleiben“, „Entspann Dich“ und „Gut ist gut genug“. Das sind die Glaubenssätze die einem beim Lesen immer wieder entgegenspringen. Theoretisch weiß man das natürlich eigentlich alles, es kommen aber ja immer wieder Zweifel auf. Bei diesem Elternding macht man ja ständig Sachen zum ersten Mal.

Kinder miteinbeziehen

Mein Lieblingskapitel ist übrigens das darüber, wie es gelingt, Kinder in die Hausarbeit einzubeziehen. Natalie Klüver traut Kindern nämlich viel zu und ermuntert Eltern ihre Kinder zu selbstständigen Personen zu erziehen. In ihrem Buch gibt sie nicht nur praktische Tipps, die auf eigenen Erfahrungen beruhen, sondern streut auch immer wieder interessante Studienergebnisse ein, wie z.B., dass Kinder häufiger im Haushalt mithelfen, wenn auch die Väter im Haushalt mitanpacken.

Besonders gut gefällt mir aber, dass sie immer wieder darauf hinweist, dass gemeinsam verbrachte Zeit nicht nur mit aufwendigem oder kostspieligem Programm Quality Time ist. Auch ganz banale Alltäglichkeiten, wie das gemeinsame Wäsche machen, können eine schöne Zeit sein, die man mit seinen Kindern verbringt. Genau das kenne ich auch aus eigener Erfahrung. Es dauert etwas länger, wenn die 3-jährige bei der Wäsche hilft, aber sie macht das so lieb und ist so stolz darauf, dass sie hilft und schon Dinge alleine schafft, dass es uns beiden großen Spaß macht. Ich weiß auch noch, dass ich es absolut faszinierend fand, wenn mein Opa samstags das Treppenhaus geputzt hat. Besonders Feudeln gehörte zu meinen absoluten Highlights.
Als Eltern muss man diese Begeisterung natürlich nutzen. Wenn man den Kindern nicht beibringt, wie der Haushalt läuft, solange sie das spannend finden, hat man eigentlich verloren.

Lasst sie Kinder sein

Über viele Dinge, die in diesem Buch gepriesen werden, kann man natürlich geteilter Meinung sein. Tiger Moms werden zum Beispiel überhaupt keine Freude an diesem Buch haben. Nathalie Klüver ist überzeugte Verfechterin davon, Kinder viel frei spielen zu lassen und vertritt diese Überzeugung in Ihrem Buch auch mit der Chuzpe einer Dreifachmutter. Ich habe mich aber auch gefragt, wieso ausgerechnet das Kinderturnen im Buch so schlecht wegkommt, wo ich das doch so wichtig finde. Aber da hat jede Familie natürlich andere Schwerpunkte auf die sie mehr Wert legt.

Kritikpunkt

Eine Sache, die mir aber tatsächlich negativ an dem Buch aufgefallen ist, ist die laxe Einstellung zur Ernährung. Zwar ist der Autorin durchaus bewusst, dass unterzuckerte und aufgedrehte Kinder nicht zu einem entspannten Nachmittag beitragen. Trotzdem wird immer wieder geraten auch schon Kindern im Kita-Alter nachmittags isolierte Kohlenhydrate in Form von Laugen- oder Rosinenbrötchen zu geben.
Tatsächlich ist auch der einzige Tipp in diesem Buch, von dem ich nur abraten kann, der, nach der Kita warmen Kakao als tägliches Ritual einzuführen. Da der Blutzuckerspiegel nach dem Kakao genauso schnell sinkt, wie er zuvor durch die Zuckerinfusion in die Höhe schnellt, ist mit diesem Ritual wenig Entspannung gewonnen.

Fairer Weise muss man sagen, dass Natalie Klüver in anderen Bereichen, wie Medienkonsum wahrscheinlich strenger ist als ich. Aber gerade bei der Ernährung bin ich bereit diesen Kampf zu kämpfen. Ernährungsgewohnheiten begleiten einen oft durch das ganze Leben. Nicht ohne Grund sind in Deutschland Übergewicht und ernährungsbedingte Krankheiten auf dem Vormarsch. Man tut Kindern einfach keinen Gefallen damit, wenn man nährstoffarme Lebensmittel in tägliche Gewohnheiten einbindet.

Fazit

Insgesamt ist das Buch supergut zu lesen. Es hat mutterfreundlich kurze Kapitel, gibt einem ganz konkrete Tipps für mehr Struktur im trubeligen Alltag an die Hand und nicht zuletzt lernt man auch noch einmal sehr viel über das Denken und Verstehen der Kinder. Überhaupt werden die Kinder in diesem Buch sehr liebevoll betrachtet. Ich kann also wirklich jedem, der arbeitet und Kinder hat, empfehlen dieses Buch zu lesen, wenn es im Familienalltag ab und zu knirscht. Es liefert sehr wertvolle Ansätze, um die gemeinsame Zeit für alle entspannter zu gestalten.

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